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Legionellenbefall: Alle Informationen & notwendige Maßnahmen
Ein Legionellenbefall ist ein ernstes Thema – vor allem bei Überschreitung des sogenannten technischen Maßnahmenwertes: Legionellen im Trinkwasser gefährden nicht nur die Gesundheit, sondern ein Legionellenbefall kann auch weitreichende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, wenn auf einen Befall nicht korrekt reagiert wird.
In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie richtig auf einen Legionellenbefall reagieren.
Dieser Messwert ist entscheidend bei einem Legionellenbefall
Koloniebildende Einheiten (KBE) sind eine Einheit dafür, wie viele Mikroorganismen sich in einer zuvor korrekt gezogenen Trinkwasserprobe befinden.
Wichtig ist: Eine Probe muss korrekt gezogen worden sein. Dies darf nur durch einen, an ein Labor angeschlossenen und zugelassenen, akkreditierten Trinkwasser-Probennehmer erfolgen!
Bei der Untersuchung auf Legionellen gibt der vom Labor mitgeteilte KBE-Wert im Trinkwasser Auskunft darüber, in welcher Konzentration Legionellen in Trinkwasseranlagen (Kaltwasser, Warmwasser, Zirkulation) vorhanden sind und ob entsprechende Maßnahmen zur Dekontamination ergriffen werden müssen.
Legionellenbefall: Ab 100 KBE pro 100 Milliliter Wasser
Bei einem Labornachweis von Legionellen über 99 KBE pro 100 ml wird der sogenannte technische Maßnahmenwert (TMW) überschritten und man spricht von einer Legionellenkontamination.
Grundsätzlich gilt: Je höher der festgestellte Legionellenwert, desto schneller und umfassender muss gemäß Trinkwasserverordnung 2. Novelle aus Juni 2023 gehandelt werden, um eine gesundheitliche Gefährdung der das Wasser nutzenden Personen zu vermeiden – entsprechende Vorgehensweisen und Maßnahmen haben wir unten aufgeführt.
Legionellenwert unter 100 KBE / 100 ml
Ein Legionellenwert unter 100 KBE pro 100 Milliliter Wasser gilt derzeit allgemein als relativ ungefährlich und stellt im Allgemeinen für Menschen mit intaktem Immunsystem keine akute Gesundheitsgefährdung dar.
Ausnahmen davon sind jedoch chronisch kranke Personen mit Lungenerkrankungen, HIV oder z. B. Krebserkrankungen. Hilfestellungen hierzu bieten u. a. die Gesundheitsämter (vgl. auch DVGW W 551 – siehe Hinweis unten).
Legionellenwert zwischen 100 und 999 KBE / 100 ml
Ein Nachweis von Legionellen im Trinkwasser mit Werten zwischen 100 und 999 KBE pro 100 Milliliter stellt eine mögliche Gesundheitsgefahr dar, besonders für immungeschwächte Personen – hier wird von einer mittleren Kontamination gesprochen. Mittelfristig ist eine Sanierung erforderlich (vgl. auch DVGW W 551 – siehe Hinweis unten).
Legionellenwert über 1000 KBE / 100 ml
Überschreitet der Wert 1000 KBE bis < 10.000 KBE pro 100 Milliliter so liegt eine hohe Kontamination vor. Eine kurzfristige Sanierung ist erforderlich (vgl. auch DVGW W 551 – siehe Hinweis unten).
Legionellenwert über 10.000 KBE / 100 ml
Bei einem Legionellenwert von über 10.000 KBE pro 100 Milliliter liegt eine extrem hohe Kontamination vor. Diese Konzentration stellt eine sehr hohe Gesundheitsgefährdung dar.
Das Gesundheitsamt kann die Nutzung der Duschen untersagen (Duschverbot) und gegebenenfalls Desinfektionen oder andere Nutzungseinschränkungen anordnen (vgl. auch DVGW W 551 – siehe Hinweis unten).
Wichtig: DVGW W 551
Besondere Bedeutung hat das Arbeitsblatt W 551 des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW). Im Arbeitsblatt werden „Maßnahmen beschrieben, die notwendig sind, um eine massenhafte Vermehrung der Legionellen in Warmwassersystemen der Trinkwasser-Installation zu verhindern oder bei den Systemen, bei denen es bereits zu einer Vermehrung gekommen ist, diese wieder zu beseitigen."
Betreiber einer Trinkwasseranlage müssen für einwandfreies Trinkwasser sorgen
Generell ist der Betreiber einer Trinkwasseranlage gemäß Infektionsschutzgesetz und / oder Trinkwasserverordnung immer verpflichtet einwandfreies Trinkwasser an die Nutzer abzugeben.
Einwandfreie Anlage und regelmäßige Wartung senken Risiko von Legionellenbefall
Bei einer jährlichen Überprüfung einer Anlage sind in der Regel keine weiteren Maßnahmen erforderlich, solange die technischen Anlagen den sogenannten aktuellen anerkannten Regeln der Technik (a.a.R.d.T.) entsprechen und mindestens gemäß den Vorschriften, wie zum Beispiel der DIN EN 806:5 Anlage A, gewartet werden.
Das Risiko einer Legionellenkontamination kann erheblich minimiert werden durch:
- Verhinderung von Stagnationen in Trinkwasseranlagen mittels dem sogenannten bestimmungsgemäßen Betrieb: Nach spätestens 72h sollte das Trinkwasser fließen.
- Einhaltung einer Mindestwarmwassertemperatur an den Zapfstellen von 55 °C nach 30 Sekunden Ablauf.
- Einhaltung einer Höchstwassertemperatur von 25 °C nach 30 Sekunden Ablauf an den Kaltwasserzapfstellen.
- Zirkulationsrücklauf in allen Strängen von mindestens 55 °C der Trinkwasser-Hausinstallation zum Warmwasserspeicher oder der Frischwasserstation.
- Mindestens 60 °C am Warmwasserspeicher-Ausgang. Unter Berücksichtigung der Wärmeverluste empfehlen viele Sachverständige 63 °C.
Das richtige Vorgehen bei einem Legionellenbefall – in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt
Stellt das untersuchende Labor fest, dass der Technische Maßnahmenwert (TMW) von 99 KBE pro 100 Milliliter Wasser überschritten wird, hat das Labor die gesetzliche Pflicht, dies unverzüglich an den Betreiber der Trinkwasseranlage und an das zuständige Gesundheitsamt zu übermitteln.
Anschließend wird sich das Gesundheitsamt mit dem Betreiber in Verbindung setzen, um die durchzuführenden Maßnahmen einzuleiten bzw. abzustimmen. Dieses entbindet den Betreiber der Trinkwasserversorgungsanlage oder z. B. die Hausverwaltung nicht davon, umgehend tätig zu werden. Dies ist u. a. im § 51 Abs. 1 – 4 der Trinkwasserverordnung festgeschrieben.
Eine Kontamination des Trinkwassers kann weitreichende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, wie diverse Gerichtsurteile dieses bereits belegen, wenn auf einen entsprechenden Befund vom Betreiber einer Trinkwasseranlage nicht zeitnah reagiert wird (z. B. BGH Urt. v. 06.05.2015, Az. VIII ZR 161/14).
Verpflichtende Risikoabschätzung
Insbesondere ist hier der § 51 Abs. 1 bis 3 zu beachten: Ist der Wert von über 99 KBE pro 100 ml überschritten, muss eine sogenannte Risikoabschätzung (vormals Gefährdungsanalyse) von einem geprüften und aktuell zugelassenen Gefährdungsanalysten erstellt werden. Dazu gehört eine Untersuchung zur Aufklärung der Ursachen, mit Ortsbesichtigung und Prüfung der Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik. Dieses Vorgehen wird vom Gesetzgeber gefordert.
Für eine Risikoabschätzung nach Trinkwasserverordnung sprechen Sie uns gerne an!
Weitere Maßnahmen richten sich nach der Befundlage
Die weiteren zu ergreifenden Maßnahmen richten sich individuell nach der Befundlage und der betroffenen Wohnung oder dem betroffenen Gebäude. Diese werden im Allgemeinen vom Gefährdungsanalysten anlässlich der Begehung der Trinkwasserversorgungsanlage festgehalten und in Wort, Bild und Schrift dem Betreiber in einem Gutachten mitgeteilt. Diese Risikoabschätzung ist ebenfalls vom Betreiber der Gesundheitsbehörde zu überstellen.
Mit Blick auf die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik sind die Messung der Wassertemperaturen (warm, kalt, Zirkulation) und ggf. weitere notwendige Maßnahmen nötig, um das Risiko einer Kontamination mit Legionellen zu minimieren.
Es empfiehlt sich hier immer die Expertise eines Fachkundigen einzuholen.
Legionellenfilter für Wasserhahn und Duschkopf als kurzfristige Maßnahmen
Nicht nur bei einer extremen Kontamination kann der Einsatz von endständigen Legionellenfiltern für Wasserhahn und Duschkopf eine sinnvolle kurzfristige Maßnahme sein, die ergriffen werden kann. Auch bei niedrigerer Kontamination ist der Einsatz von Filtern im Sinne der Gesundheit häufig eine zu empfehlende Maßnahme.
Desinfektion der Anlage als Ergänzung zu technischen Maßnahmen
In aller Regel reicht es nicht aus, einem Befall nur durch technische Maßnahmen oder der Sanierung einer Anlage zu begegnen. Unserer Erfahrung nach macht immer auch eine Desinfektion nach DVGW Sinn, um der akuten Gefährdung durch Legionellen zu begegnen und die Anlagen auf einen vernünftigen Status zu heben.
Auch für die Desinfektion einer Trinkwasseranlage empfiehlt sich unbedingt die Expertise eines Fachkundigen.